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»… es muss in eine andere Richtung gehen!«

Karl-Heinz Burmeister
im Gespräch mit Chup Friemert
17. November 2015

Bauhaus Dessau Ideenseminar Oktober 1984
Karl-Heinz Burmeister und Teilnehmende eines Ideenseminars von AiF und VEB Kombinat Haushaltgeräte Karl-Marx-Stadt, Oktober 1984. Entwickelt wurden Produktvorschläge für ›1.000 kleine Dinge‹. Foto: Ernst Steinkopf, Dessau / Archiv bauhaus dessau e.v.

Chup Friemert | C F: Karl-Heinz, du warst schon ab 1984 in Dessau am Bauhaus. Wofür warst du in dieser Zeit dort verantwortlich? Wem unterstand die Einrichtung?

Karl-Heinz Burmeister | KH B: Das Ministerium für Bauwesen verwaltete das Gebäude. Die Aktivitäten im Bauhaus unterstanden mehreren Organen: dem Bauministerium die für die Architekten, dem AiF die für die Designer und dem Kulturministerium die für die Kulturschaffenden. Deswegen hatten sowohl die Architekten, die Designer als auch die Künstler das Recht, im Bauhaus Veranstaltungen durchzuführen. Vor Ort waren dann aber nur Bauministerium und AiF vertreten. Ich war ab 1. April 1984 im Bauhaus Dessau verantwortlich für den Aufbau des Fachbereiches Design und für die Weiterbildungsveranstaltungen die Designer.

Es befand sich im Bauhaus bereits das Wissenschaftlich-kulturelle Zentrum mit Dr. Opitz, der damals schon einen kleinen Sammlungsbestand aufgebaut hatte. Zum 60. Jahrestag der Gründung des Bauhauses 1979 wurde ein Kuratorium gebildet, dessen Vorsitz Martin Kelm innehatte. Das Bauministerium vertrat Gebhardt, das Kulturministerium Keller und die Stadt Dessau der Chef der Plankommission. Die staatlichen Organe und das regionale Organ waren vertreten und haben die Aktivitäten koordiniert. Die Berufung des Direktors war klar: Da das Bauministerium 60–80 % des Programms bestritt und mehr Mittel als das AiF bereitstellte, hatte das Bauministerium das Sagen. Es gab genug intelligente Leute im Bereich der Bauakademie, die man hätte einsetzen können. Nur wollten die intelligenten Leute dieses Ding nicht am Hacken haben, weil sie genau wussten, dass sie an den Baum fahren, wenn sie mit ihrem eigenen Konzept kommen. Der Direktor kam aus Weimar. Die Entwicklung in Weimar war viel einfacher verlaufen. Da war immer die Hochschule da, die sich gekümmert hat; sie konnte sich ja auch immer auf das Bauhaus berufen. Dass der Direktor aus Weimar kam, war also kein Problem. Die Weimarer waren prädestiniert. Bauhauserbe gab es nur in Weimar, dort wurde Mitte der 1970er Jahre ein langfristiges Forschungsprojekt zur Geschichte des Bauhauses eingerichtet und dort wurden auch die Bauhaus-Kolloquien durchgeführt. Professor Christian Schädlich hatte den Lehrstuhl, die Publikationen hat alle Klaus-Jürgen Winkler gemacht. Das Problem war nur, dass der designierte Direktor Rolf Kuhn aus dem Wissenschaftsbereich von Prof. Fred Staufenbiel kam, der ein Institut für soziologische Fragen hatte, mit dem er in Berlin mal gescheitert war, weil er zu sehr sagte, was man ändern müsste und der deswegen nach Weimar versetzt wurde.

C F: Fred Staufenbiel hatte den »Lehrstuhl für marxistisch-leninistische Soziologie der Sektion Gebietsplanung und Städtebau an der Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar« inne. Er war beim form+zweck Heft 1/1983 auch im Redaktionskollegium und hat den einleitenden Beitrag geschrieben. Bevor aber ein Weimarer 1987 zum Direktor berufen wurde, hatte dort ja schon seit 1984 einiges an Veranstaltungen, Treffen, Planungen für ein mögliches Programm stattgefunden.

KH B: Bevor ich nach Dessau ging, bekam ich hier in Berlin Besuch vom Chef der Weiterbildung des Bauministeriums. Er informierte mich, dass der Bauminister Wolfgang Junker das Bauhaus der Weiterbildungsakademie angliedern wollte. Es sollte dort nur Weiterbildungsveranstaltungen geben. Da er in Berlin ein schönes Anwesen hatte, war er nicht daran interessiert, nach Dessau zu gehen. Deshalb hat er hat mich wohl informiert.

C F: Es wurde also nichts mit der Tischlerei.

KH B: Nein. Ich sprach dann mit Bernd Grönwald; und wir haben dann, als ich in Dessau war, am 1. April 1984 das Eröffnungsseminar gemacht. Wir hatten ein in gemeinsames Seminar von Stadtarchitekten und Chefdesignern vereinbart. Jeder hat zwölf Leute eingeladen und dazu Konrad Püschel als Bauhäusler. Und da haben wir diskutiert, wenn das Bauhaus nun wieder seinen Betrieb aufnimmt, was sollte dort eigentlich gemacht werden? Einmütig waren wir der Ansicht: Eine neue Hochschule für Gestaltung geht nicht, das Bauhaus kann man nicht wiederholen, aber man könnte dort in interdisziplinären Gruppen Gestaltungsarbeit leisten. Wir, die wir im ersten Seminar gesessen haben, haben nicht im Bauhaus beraten, wir sind zum Sportplatz gegangen. Da haben wir in der Kneipe vom Sportplatz gesessen und darüber diskutiert, ob wir es riskieren sollen, einen Vorschlag zu schreiben oder nicht. Da waren gestandene Leute drunter, Chefarchitekten von Städten. Wir haben einen Vorschlag für die Arbeit am Bauhaus ausgearbeitet und Konrad Püschel hat ihn an andere Bauhäusler weitergegeben. Das brachte Ärger mit sich und auch den Auftrag des Bauministers, die daran beteiligten Stadtarchitekten zur Verantwortung zu ziehen.

C F: Wieso zur Verantwortung?

KH B: Die haben ein Parteiverfahren gekriegt, weil es jetzt ein Papier gab mit inhaltlichen Vorschlägen, die der Ausrichtung einer Lehrgangsausbildung, einer bloßen Weiterbildungseinrichtung widersprachen, und die wurden jetzt öffentlich.

C F: Was hatte denn der Bauminister für eine Vorstellung von Weiterbildung?

KH B: Lehrgänge, Lehrgänge, Lehrgänge …

C F: … also kein interdisziplinären Gruppen …

KH B: … nein! Aber das Papier führte zu weiteren Diskussionen und aus diesen Diskussionen entstand dann der Auftrag, eine Konzeption für ein Experimentierzentrum zur Vorlage bei Günter Mittag zu erarbeiten. Die erste Vorlage wurde korrigiert. Es gab dann die obligatorischen Lehrgänge für Nachwuchsdesigner und Chefdesigner, die sie nachweisen mussten, aber das Wesentliche für die Designstrecke war dann eben, dass wir Workshops aller Fachbereiche mit internationaler Beteiligung gemacht haben, ob zur Mode oder zum Schiffbau. Daraus sind jede Menge Patentanmeldungen entstanden, die auch nach der Vereinigung vom Patentamt bestätigt wurden. Alle Designer haben ihre Rechte zurück bekommen, konnten sie aber nicht mehr verwerten, weil die Kombinate nicht mehr bestanden. Wir haben diskutiert, ob Heinz Hirdina ein Kramer-Seminar machen kann und so weiter. Und dann hat man in Berlin eingesehen, dass man von der Ministeriumsvorgabe abgehen muss. Es gab nur nicht die Form, in der das hätte gemacht werden können. Die Absicht war, ein Experimentierzentrum zu machen mit internationaler Zusammenarbeit.

C F: Also nicht bloß Lehrgänge, sondern Projektarbeit.

KH B: Ja. Auf genau diese Weise wurde dann ja auch im Bereich Bauwesen mit dem Gropius-Seminar weitergemacht, bei dem dann Leute aus Holland oder Hinrich Baller aus Westberlin Vorschläge gemacht haben, wie man auch aus dem Plattenbau gestalterisch interessante Lösungen entwickeln kann. Die Technologen der Kombinate waren anwesend, und die haben bestätigt, dass die Vorschläge im Kostenrahmen lagen und dass diese Projekte umsetzbar sind. Es wurde dann ja auch entschieden, dass ein Musterbau in Dessau errichtet werden soll. Der stellvertretende Minister Gebhard war dafür zuständig und hat alles vorbereitet. Es war alles angeschoben. Ist leider nix geworden durch die Wende. Dann gab es bei den Architekten Projektarbeit und auch gemeinsame Arbeit von Architekten und Designern. Und der Verband Bildender Künstler hat auch mehrere Veranstaltungen im Bauhaus Dessau gemacht.

C F: Lass uns nochmals über die Arbeit vor der Vereinsgründung sprechen. Die Vorüberlegungen und Vorarbeiten sind ja wichtig, denn mindestens Anfang der 1990er Jahre, also bis zu Gründung oder Einrichtung des Stiftung Bauhaus Dessau durch Bund, Land und Kommune im Februar 1994 hätten diese Ideen in die konkrete Arbeit am Bauhaus eingehen können. Diese Vorarbeit gehört in einer engen Sicht vielleicht nicht zur Vereinsarbeit, aber sie gehört doch dazu, weil ein nicht geringer Teil derjenigen, die diese Vorarbeit gemacht haben, nachher den Verein gemacht haben. Es wären auch genügend qualifizierte und willige, international vernetzte Personen vorhanden gewesen, um eine alternative Arbeit im Sinne der Grundsätze des Vereins zu machen.

KH B: Die Diskussion um die Veränderung der Arbeit wurde in einem Kreis von Bauhäuslern und bauhausorientierten Leuten aus der DDR geführt. Aus Weimar waren es Christian Schädlich, Klaus-Jürgen Winkler, Bernd Grönwald, Karl-Heinz Hüter, es waren die Hirdinas aus Berlin, es war auch Horst Oehlke aus Halle. Die haben sich ununterbrochen um diese Bauhausentwicklung gekümmert und gesagt: es muss in eine andere Richtung gehen. Die sorgten auch dafür, dass in der DDR die docomomo-Gruppe gegründet wurde zur Erhaltung der Bauten der Moderne. Wir haben dann auch erreicht, dass man in Berlin bereit war, nachzugeben und eine andere Arbeitsweise zuzulassen.

C F: Das war ja dann doch eine Vorarbeit, die nachher wenigstens teilweise im Bauhaus weitergeführt worden ist, nein: werden sollte.

KH B: In Dessau wurde die internationale Vereinigung IASA von Architektur- und Designschulen gegründet. Und diese Institution – der Vorsitzende war der Direktor der Rietveld-Akademie – hat bei ihrer Gründungsversammlung, an der internationale Hochschulen teilgenommen haben, sich bereit erklärt, das Bauhaus als Mitglied aufzunehmen, obwohl es selbst keine Lehrtätigkeit anbietet. Alle haben gesagt, dass das Bauhaus als internationale Einrichtung eingerichtet werden muss, damit es wieder internationale Impulse geben kann. Und mit der Rietveld-Akademie sind ja internationale Studentenseminare gemacht worden. Diese Denkweise ging über die Engstirnigkeit der DDR-Leute hinaus.

C F: Über die der Westdeutschen aber auch.

KH B: Der größte Fehler ist 1994 mit der Stiftungssatzung gemacht worden: In der Zeit der DDR war das Bauhaus laut Statut gegliedert in die Akademie, das war der Zweig der Weiterbildung, dann die Sammlung und die Werkstätten. Das waren die Architekten und Designer. Und dass bei der Übernahme durch den Bund diese blöde Satzung nicht generell aufgehoben worden ist, war ein Riesenfehler. Man hätte zu der Zeit den ganzen Teil Akademie über Bord schmeißen können, denn dafür gab es keinen Grund mehr. Es gab auch in Dessau beim Oberbürgermeister Neubert einen Arbeitskreis zur Frage, was man unter den neuen Bedingungen mit dem Bauhaus machen könnte. Und alle waren sich einig: Eine neue Hochschule für Gestaltung kann es nicht geben. Was nachher herauskam, dieses Modell, dass jedes Land der alten Bundesrepublik eine sogenannte Fachhochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung hat, das wurde auch für Sachsen-Anhalt gewählt. Man rettete die Standorte Köthen und Bernau, indem man in Bernau die Ökonomie unterbrachte, in Köthen die Ingenieurwissenschaften und gründete in Dessau den Bereich Architektur und Design neu. Das alles zusammen ergibt dann eine Fachhochschule für Wirtschaft, Technik und Gestaltung. Der Gründungsprofessor für den Fachbereich Gestaltung war Prof. Strehl, der ins Bauhausgebäude drängte, und so standen der Direktor des Bauhauses Prof. Kuhn und der Gründungsrektor gegeneinander.

C F: Ich erinnere mich, Prof. Strehl wollte mit seiner Abteilung Gestaltung unbedingt ins Bauhausgebäude. Das wäre ja auch was gewesen: Ein Fachbereich Gestaltung der Fachhochschule Sachsen-Anhalt im Bauhausgebäude in Dessau.

KH B: Ja. Sie haben dann aber ein großes Gelände drumherum gekriegt, einschließlich neuer Bauten.

C F: Also keine Fachhochschulausbildung im Bauhausgebäude. Die Fachhochschule ist aber nicht unser Thema. Es geht um den Verein. Um 1989 gibt es eine Gruppe von Leuten, Du hast einige vorher genannt, Leute, die sich immer mit der Frage beschäftigt haben, was man denn, anknüpfend an eine Tradition der Moderne und auf deren Schultern gewissermaßen, andrerseits an der Ort gebunden, an das Bauhausgebäude, was man also installieren könnte, das die Moderne weiterführt unter dem Aspekt Gestaltung, Umwelt oder Welt. Dann implodiert die DDR 1989. Wer hat dann dieses Konglomerat an Personen sozusagen zusammen geschoben und als Verein gegründet und gesagt, dann übernehmt ihr jetzt eben die Federführung, um das weiterzuführen. Im Bauhaus arbeiteten immerhin zwischen 30 und 40 Menschen. Und es gab ja eine Verwaltung und einen Haushalt. Woher kam 1990 das Geld?

KH B: Die Mittel gab es aus unterschiedlichen Töpfen. In den Verhandlungen gab es immer die Frage, wie man sie aus den großen Töpfen heraus gelöst und in einen eigenständigen Topf in Dessau kriegt und wie die ganze Verwaltungsbefugnis dort hin gegeben wird. Beim AiF war das überhaupt kein Problem, das war ganz schnell geregelt. Es gab im AiF eine Position für die Arbeit am Bauhaus im Haushalt und mit Beginn des Kalenderjahres wurde der Posten Dessau zur Verfügung gestellt. Da hatte ich die Weisungsbefugnis. Die gleiche Frage war im Bauministerium zu klären. Entscheidend war, dass die DDR das Vereinsgesetz verabschiedet hat. Mit einem Verein war eine Institution geschaffen, die die Mittel übernehmen konnte. Da gab es eine Vereinbarung mit dem Bauministerium und dem AiF …

C F: … wer kam auf den glorreichen Gedanken?

KH B: Die Vereinbarung habe ich abgeschlossen. Michael Bräuer als Stellvertreter des Ministers für Bauwesen war für das Bauhaus zuständig. Der kannte als ehemaliger Stadtarchitekt von Rostock auch die inhaltliche Problematik. Er wollte am Bauhaus schon manches sichern und am Anfang unterstand ihm auch Rolf Kuhn, bis der Verein das übernommen hat. Das Kuratorium hat sich, als der Verein gegründet war, aufgelöst. Zwar hat sich noch ein Verwaltungsrat konstituiert, weil das AiF und das Bauministerium in das Projekt Geld einbrachten und da sollte eine Kontrolle über den Verein her. Das ist dann ja alles weggefallen, weil die Organe nicht mehr da waren, die Geld geben wollten. Und da war Michael Bräuer ein ganz wichtiger Mann. Auf der anderen Seite war Gert Behrens, der bei Europan als SPD-Mann war. Er war für das DDR-Bauministerium ein glaubwürdiger Kandidat, den man an das Bauhaus als Schatzmeister empfehlen konnte. Bräuer hat Behrens empfohlen.

C F: Dann also konnte der Verein arbeiten. Er ist ja mit Datum 16. März 1990 unter der Registrier-Nummer 1 beim Kreisgericht Dessau registriert.

KH B: Dann ging alles holterdipolter. Wir hatten nicht genug Zeit, weil die DDR zu früh die Segel gestrichen hat, sonst hätten wir die Vorschläge und Ideen etablieren und umsetzen können. Aber da brachen ja dann die Haushalte weg, nur vom AiF habe ich ordnungsgemäß meinen Jahresetat am 31. Januar 1990 gekriegt. Vom Bauministerium kamen die Mittel nur quartalsweise, dann war bald das Bauministerium weg und es wurde zappenduster. Nix mehr da. Und dann wurde von der Bundesrepublik entschieden, dass das Bauhaus als Kultureinrichtung in das Bundesministerium des Innern zu Herrn Dr. Vogel übergeht. Die wollten das Ding haben, das Land wollte auch etwas haben, der Verein hat gesagt, er kann das nicht finanzieren. Wir waren für eine Stiftung aus Bund, Land, Stadt und Verein. Parallel dazu habe ich wochenlang mit der Treuhand darum gestritten, dass die Stadt Dessau das Gebäude wieder bekommt, weil sie ja Eigentümer war. Ich habe dann, weil Berlin den Vorgang an Halle übergeben hat, an Halle geschrieben, die möchten doch endlich der Stadt das Bauhaus wieder übertragen, was dann auch gemacht worden ist. Damit war die Stadt Dessau im Spiel. Sie hatte zwar kein Geld, aber sie hatte jetzt das Haus.

C F: Damit war noch nichts gegründet, denn das Land musste erst eine Stiftungssatzung entwerfen und beschließen. Das dauerte ja ungefähr vier Jahre. Wer hat in der Zwischenzeit finanziert?

KH B: Das Bundesfinanzministerium hat entschieden, dass das Bundesbauministerium bis zur Gründung der Stiftung den Betrieb finanziert. Das Bundesbauministerium war ja der Rechtsnachfolger des DDR-Bauministeriums. Für das AiF gab es keinen Rechtsnachfolger, weil das Wirtschaftsministerium die Rechtsnachfolge abgelehnt hat und das AiF damit abgewickelt war. Deshalb finanzierte also das Bauministerium. Was dort inhaltlich läuft, hat die gar nicht interessiert. Und so lange es die Stiftung nicht gab, hat man, da der Verein ja die Trägerschaft übernommen hatte, ihm die Trägerschaft gelassen und gesagt: da ist ja alles gut aufgehoben.

C F: Also hat der Verein das Geld gekriegt …

KH B: Nein, nein, wir haben kein Geld gekriegt, wir waren kein Zuwendungsempfänger. Rolf Kuhn hat das Geld gekriegt. Der Verein hat keine Zuwendungen gekriegt, er hatte nur das Geld, das er selber hatte. Er ist ein paar Mal finanziell eingesprungen, als der Bund einen Monat keine Gehälter bezahlt hat oder Kuhn einen Dienstwagen brauchte, um nach Bonn zu fahren. Das haben wir aber alles wieder bekommen. Es war da doch genau wie in der DDR. Es gibt nur Geld für das, was geplant war – und da war nix geplant. Wir haben vorfinanziert und das Bauhaus konnte arbeiten. Für die beteiligten Bürokraten aus Bund und Land war klar, sie machen da was unter sich. Die Stadt haben sie ja nur mitgeschleppt, und den Verein wollten sie auf keinen Fall dabei haben! Die haben ja auch nicht auf unsere Vorschläge gehört. Die haben das DDR-Statut genommen und in die Form der Stiftung gegossen. Das ist für mich heute noch unverständlich. Mit der Gründung der Stiftung hätte man inhaltlich alles neu definieren können. Es gab auch genug internationale Bewerber für den Posten des Direktors, aber die Engstirnigkeit und das Desinteresse in Bonn hat alles einfach so weiter laufen lassen. Rolf Kuhn hat die Arbeit am Bauhaus dann in Richtung Gartenreich gedrängt und auch gleich die Mitgliedschaft in der IASA gekündigt. Das war aber nicht die Absicht des Vereins.

C F: Alle Versuche des Vereins, eine inhaltliche Ausrichtung für die Stiftung mit auszuarbeiten …

KH B: … wir waren weg! Wir waren überhaupt nicht mehr Gesprächspartner.

Rolf Kuhn erhielt von mir einen Arbeitsvertrag als Direktor, weil das Bauministerium der DDR nicht mehr da war. Und dann gab es Schwierigkeiten. Er war ja auch im ersten Vorstand des Vereins. Und dann hat er seinen Austritt aus dem Verein erklärt – weil er sich, da er seine eigenen Wege ging, die sich nicht mit den Zielen des Vereins vertragen haben –, in einen Widerspruch zwischen seiner Position als Direktor und seiner Mitgliedschaft im Verein verwickelt sah. Ich habe ihm dann gekündigt und dem Ministerium in Magdeburg mitgeteilt, dass sie mit ihrer Vorstiftung die Sache regeln sollen.

C F: Wieso konntest du den Direktor entlassen? Und als er entlassen war, was dann?

KH B: Ich konnte ihn entlassen, weil ich ihn eingestellt hatte. Er war Angestellter des Vereins. Das Ministerium in Magdeburg hat ihn dann als Direktor wieder eingestellt. Es gab ja noch keine Stiftung. Sie haben lange keine Stiftungssatzung zustande gekriegt und lange an dem Gesetz des Landes zur Gründung von Stiftungen herumgemacht. Obwohl es in der Bundesrepublik dafür überall Vorlagen gab, funktionierte es nicht. Dann haben sie über eine rechtlich unselbständige Vorstiftung den Haushalt abgewickelt und Rolf Kuhn eingestellt. Dann lief alles ohne uns. Zuvor hatte Gert Behrens noch einen großen Plan für die Finanzierung ausgearbeitet, aber das war ja dann alles für den Papierkorb.

C F: Viel Arbeit für den Papierkorb. Nochmals zu Rolf Kuhn: Er war Vereinsmitglied, war vom Verein als Direktor angestellt, hat aber alle Ziele, die der Verein verfolgte, nämlich herauszufinden, was im Bauhaus Dessau mit dem kulturellen Kapital Bauhaus hätte neu gemacht werden können, sabotiert.

KH B: Das hat ihn nicht interessiert. Es gab eine Situation, die automatisch zu einem solchen Verein führen musste. Und dieser Verein kam nicht zum Tragen, weil die Interessen in der Bundesrepublik anders lagen …

C F: … und weil eben eine nicht unwichtige Person innerhalb des Vereins offensichtlich mit den Bonner Behörden kooperierte und gegen den Verein operierte.

KH B: Rolf Kuhn hat seine Karriere gesehen. Er hat genau verstanden, dass er dann, wenn er unser Programm mitmacht, nicht mehr lange Direktor sein würde. Weil es andere Köpfe gegeben hat. Da er aber als Direktor nach den Spielregeln der Verwaltung spielte und die noch etwas für die Expo brauchten, haben sie ihm auch noch das Gartenreich geschenkt.